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Ein einführender Überblick zur Fragestellung
Christian Schmidt
1 "Geschichte"
"Die grauenvollen Ereignisse vom 11.?September sowie die Kriege im Irak und Afghanistan führen dramatisch vor Augen, dass die Menschen der Geschichte nicht zu entkommen vermögen." Mit diesen Worten leitet Johannes Rohbeck seinen jüngst vorgelegten Versuch einer Aktualisierung der Geschichtsphilosophie ein. Die verneinende Antwort auf die diesem Band zugrunde liegende Fragestellung beruht dabei nicht allein auf Rohbecks Zurückweisung der These, dass der Kapitalismus samt seiner bürgerlich-demokratischen Grundordnung der Endpunkt der Geschichte sei, eine These, die nach dem Ende des Sozialismus Prominenz erlangt hatte und heute weitgehend als absurde Einschätzung abgetan wird.
Wer das Ende der Geschichte für eine absurde Vorstellung hält, sieht sich nämlich - wie Rohbeck - zwangsläufig mit der Frage konfrontiert, was das denn für eine Geschichte sei, die ihren Abschluss mit dem Niedergang des sozialistischen Staatenblocks nicht gefunden habe. Im Rückgriff auf die Geschichtsphilosophie der Aufklärung und des 19.?Jahrhunderts will Rohbeck die Konzeption der Geschichte rehabilitieren, die in dieser ein Fortschrittsgeschehen erkennt, und sieht als Alternative bloß die Kontingenz der Geschehnisse, mit der die Posthistoire auf den Standpunkt eines vormodernen Geschichtsverständnisses zurückfällt, demzufolge jede menschliche Anstrengung einem sie letztlich zerstörenden Spiel willkürlicher Kräfte ausgesetzt ist.
Gegen die Auslieferung an den Zufall setzt Rohbeck mit den Geschichtsphilosophien des 19.?Jahrhunderts ein Bild der Geschichte, in dem die Menschen, die Verhältnisse, in denen sie leben, selbst gestalten und in diesem Sinne Autonomie verwirklichen können.
"Wenn es zutrifft, dass die Menschen unter bestimmten Bedingungen ihre Geschichte 'machen', sind es in erster Linie langfristig wirksame Handlungen, die historische Zeiten konstituieren. Gleichzeitig werden derartige Handlungen auf historiographische und geschichtsphilosophische Weise gedeutet, indem man sie in größere historische Prozesse einordnet und daraus Schlüsse über regionale und globale Verläufe von Geschichten oder auch der Geschichte im Ganzen zieht."
Was hier aktualisiert wird, ist eine Verbindung von Vergangenheitsbeziehung und Zukunftserwartung, die ihre Verknüpfung in gegenwärtigen Handlungen finden. In der Gegenwart gelingt es, sich vom Bisherigen zu lösen, indem handelnd Entwicklungen hin zu einer vorweggenommenen Zukunft befördert werden. Diese Handlungen sind dabei an die Erkenntnisse über ihr Veränderungspotenzial gebunden. Sie sollen Möglichkeiten ergreifen, die als tatsächlich bestehend erkannt wurden.
Das Befreiende eines solchen Bildes der Geschichte und des sie machenden Subjekts erschließt sich, wenn die Konfrontationen in den europäischen Gesellschaften des 18.?Jahrhunderts betrachtet werden. Hier standen unverbrüchliche Traditionen dem Wunsch nach Veränderung im Wege. Die Selbstverortung in einer Geschichte samt des sich daraus ergebenden Blicks in eine Zukunft, die sich weiterentwickelt und nicht bloß die althergebrachten Privilegien allein aufgrund ihres schieren Alters als gültig akzeptiert und so erneuert, eröffnete der Aufklärung wie der Befreiung überhaupt erst eine Perspektive.
Doch bereits am Beginn des 20.?Jahrhunderts veränderte sich die Problemlage. Seitdem steht nicht mehr die Frage im Vordergrund, wie überkommene Traditionen überwunden werden können, sondern wie sich eine bereits bestehende Dynamik unterbrechen lässt. Die Fortschrittskritik in Walter Benjamins Über den Begriff der Geschichte ist die bis heute wirkungsvollste Formulierung dieses neuen Problembewusstseins. Sie gipfelt - den marxschen Spruch von den Revolutionen als Lokomotiven der Weltgeschichte aufnehmend und so den Kontrast zum 19.?Jahrhundert herstellend - in dem berühmten Bild vom "Griff des in diesem Zuge reise
Ein einführender Überblick zur Fragestellung
Christian Schmidt
1 "Geschichte"
"Die grauenvollen Ereignisse vom 11.?September sowie die Kriege im Irak und Afghanistan führen dramatisch vor Augen, dass die Menschen der Geschichte nicht zu entkommen vermögen." Mit diesen Worten leitet Johannes Rohbeck seinen jüngst vorgelegten Versuch einer Aktualisierung der Geschichtsphilosophie ein. Die verneinende Antwort auf die diesem Band zugrunde liegende Fragestellung beruht dabei nicht allein auf Rohbecks Zurückweisung der These, dass der Kapitalismus samt seiner bürgerlich-demokratischen Grundordnung der Endpunkt der Geschichte sei, eine These, die nach dem Ende des Sozialismus Prominenz erlangt hatte und heute weitgehend als absurde Einschätzung abgetan wird.
Wer das Ende der Geschichte für eine absurde Vorstellung hält, sieht sich nämlich - wie Rohbeck - zwangsläufig mit der Frage konfrontiert, was das denn für eine Geschichte sei, die ihren Abschluss mit dem Niedergang des sozialistischen Staatenblocks nicht gefunden habe. Im Rückgriff auf die Geschichtsphilosophie der Aufklärung und des 19.?Jahrhunderts will Rohbeck die Konzeption der Geschichte rehabilitieren, die in dieser ein Fortschrittsgeschehen erkennt, und sieht als Alternative bloß die Kontingenz der Geschehnisse, mit der die Posthistoire auf den Standpunkt eines vormodernen Geschichtsverständnisses zurückfällt, demzufolge jede menschliche Anstrengung einem sie letztlich zerstörenden Spiel willkürlicher Kräfte ausgesetzt ist.
Gegen die Auslieferung an den Zufall setzt Rohbeck mit den Geschichtsphilosophien des 19.?Jahrhunderts ein Bild der Geschichte, in dem die Menschen, die Verhältnisse, in denen sie leben, selbst gestalten und in diesem Sinne Autonomie verwirklichen können.
"Wenn es zutrifft, dass die Menschen unter bestimmten Bedingungen ihre Geschichte 'machen', sind es in erster Linie langfristig wirksame Handlungen, die historische Zeiten konstituieren. Gleichzeitig werden derartige Handlungen auf historiographische und geschichtsphilosophische Weise gedeutet, indem man sie in größere historische Prozesse einordnet und daraus Schlüsse über regionale und globale Verläufe von Geschichten oder auch der Geschichte im Ganzen zieht."
Was hier aktualisiert wird, ist eine Verbindung von Vergangenheitsbeziehung und Zukunftserwartung, die ihre Verknüpfung in gegenwärtigen Handlungen finden. In der Gegenwart gelingt es, sich vom Bisherigen zu lösen, indem handelnd Entwicklungen hin zu einer vorweggenommenen Zukunft befördert werden. Diese Handlungen sind dabei an die Erkenntnisse über ihr Veränderungspotenzial gebunden. Sie sollen Möglichkeiten ergreifen, die als tatsächlich bestehend erkannt wurden.
Das Befreiende eines solchen Bildes der Geschichte und des sie machenden Subjekts erschließt sich, wenn die Konfrontationen in den europäischen Gesellschaften des 18.?Jahrhunderts betrachtet werden. Hier standen unverbrüchliche Traditionen dem Wunsch nach Veränderung im Wege. Die Selbstverortung in einer Geschichte samt des sich daraus ergebenden Blicks in eine Zukunft, die sich weiterentwickelt und nicht bloß die althergebrachten Privilegien allein aufgrund ihres schieren Alters als gültig akzeptiert und so erneuert, eröffnete der Aufklärung wie der Befreiung überhaupt erst eine Perspektive.
Doch bereits am Beginn des 20.?Jahrhunderts veränderte sich die Problemlage. Seitdem steht nicht mehr die Frage im Vordergrund, wie überkommene Traditionen überwunden werden können, sondern wie sich eine bereits bestehende Dynamik unterbrechen lässt. Die Fortschrittskritik in Walter Benjamins Über den Begriff der Geschichte ist die bis heute wirkungsvollste Formulierung dieses neuen Problembewusstseins. Sie gipfelt - den marxschen Spruch von den Revolutionen als Lokomotiven der Weltgeschichte aufnehmend und so den Kontrast zum 19.?Jahrhundert herstellend - in dem berühmten Bild vom "Griff des in diesem Zuge reise
Erscheinungsjahr: | 2013 |
---|---|
Fachbereich: | Allgemeines |
Genre: | Geisteswissenschaften, Kunst, Musik, Philosophie |
Jahrhundert: | Antike |
Rubrik: | Geisteswissenschaften |
Thema: | Lexika |
Medium: | Taschenbuch |
Inhalt: | 324 S. |
ISBN-13: | 9783593399720 |
ISBN-10: | 3593399725 |
Sprache: | Deutsch |
Einband: | Paperback |
Autor: |
Schmidt, Christian
Breitenstein, Peggy H. Jay, Martin Klass, Tobias Nikolas Kobow, Beatrice Kompridis, Nikolas Krüger, Hans-Peter Menke, Christoph Ruda, Frank Saar, Martin |
Redaktion: | Schmidt, Christian |
Herausgeber: | Christian Schmidt |
Auflage: | 1/2013 |
Hersteller: | Campus Verlag |
Verantwortliche Person für die EU: | Campus Verlag GmbH, Werderstr. 10, D-69469 Weinheim, info@campus.de |
Maße: | 213 x 140 x 22 mm |
Von/Mit: | Christian Schmidt |
Erscheinungsdatum: | 10.09.2013 |
Gewicht: | 0,413 kg |
Erscheinungsjahr: | 2013 |
---|---|
Fachbereich: | Allgemeines |
Genre: | Geisteswissenschaften, Kunst, Musik, Philosophie |
Jahrhundert: | Antike |
Rubrik: | Geisteswissenschaften |
Thema: | Lexika |
Medium: | Taschenbuch |
Inhalt: | 324 S. |
ISBN-13: | 9783593399720 |
ISBN-10: | 3593399725 |
Sprache: | Deutsch |
Einband: | Paperback |
Autor: |
Schmidt, Christian
Breitenstein, Peggy H. Jay, Martin Klass, Tobias Nikolas Kobow, Beatrice Kompridis, Nikolas Krüger, Hans-Peter Menke, Christoph Ruda, Frank Saar, Martin |
Redaktion: | Schmidt, Christian |
Herausgeber: | Christian Schmidt |
Auflage: | 1/2013 |
Hersteller: | Campus Verlag |
Verantwortliche Person für die EU: | Campus Verlag GmbH, Werderstr. 10, D-69469 Weinheim, info@campus.de |
Maße: | 213 x 140 x 22 mm |
Von/Mit: | Christian Schmidt |
Erscheinungsdatum: | 10.09.2013 |
Gewicht: | 0,413 kg |